Eltern können über nächtliche Fixierung eines Kindes in offener Einrichtung entscheiden

Karlsruhe/Berlin (DAV). Ob ihr minderjähriges Kind aufgrund seiner geistigen Behinderung in einer heilpädagogischen Einrichtung fixiert werden darf, dürfen die Eltern allein bestimmen. Eine Entscheidung durch ein Familiengericht ist nicht notwendig. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 7. August 2013 (AZ: XII ZB 559/11), wie die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Fixierung des geistig behinderten Kindes
Das im Jahre 1999 geborene Kind ist geistig behindert. Zudem leidet es an einem frühkindlichen Autismus und einem Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom. Es zeigt krankheitsbedingt ausgeprägte Unruhezustände und extreme Weglauftendenzen. Seit 2008 lebt das Kind in einer offenen heilpädagogischen Einrichtung, in der es eine Einzelbetreuung erhält. Aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht ist es zum Schutz des Kindes und seiner Mitbewohner notwendig, es für die Nacht mit einem Bauch- oder Fußgurt bzw. einem entsprechenden Schlafsack zu fixieren. Nachdem das Amtsgericht im Jahre 2009 die nächtliche Fixierung für die Dauer von längstens zwei Jahren familiengerichtlich genehmigt hatte, beantragten die Eltern im vorliegenden Verfahren die Verlängerung dieser Genehmigung.

Eltern entscheiden im gemeinsamen Sorgerecht über Kindeswohl
Für den BGH steht fest: Die Eltern dürfen aufgrund ihres elterlichen Sorgerechts selbst über eine erforderliche und verhältnismäßige Fixierung ihrer Kinder entscheiden. Das Gesetz sehe eine familiengerichtliche Genehmigung solcher Maßnahmen nicht vor. Nur die Unterbringung eines Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, bedürfe der Genehmigung des Familiengerichts. Dabei gehe das Gesetz von einem engen Unterbringungsbegriff aus Die zeitweilige oder regelmäßige Fixierung eines Kindes, das in einer offenen Einrichtung lebe, sei keine „Unterbringung“ in diesem gesetzlichen Sinne.
Eine Verpflichtung zur Genehmigung unterbringungsähnlicher Maßnahmen, zu denen auch eine Fixierung zähle, gebe es nicht. Zwar verlange das Gesetz im Betreuungsrecht für psychisch kranke oder körperlich, geistig oder seelisch behinderte Volljährige sowohl bei einer geschlossenen Unterbringung als auch bei einer unterbringungsähnlichen Maßnahme die Genehmigung durch das Betreuungsgericht. Diese Vorschrift dürfe aber nicht entsprechend auf die Unterbringung von Minderjährigen angewendet werden.

Elterngrundrecht
Der BGH hat weiter entschieden, dass eine entsprechende Vorschrift im Kindschaftsrecht auch nicht aufgrund der Verfassung geboten sei. Anders als im Betreuungsrecht handelten Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht aufgrund staatlicher Bestellung, sondern in Ausübung ihres Elterngrundrechts. Die Erziehung der Kinder verantworteten damit primär die Eltern. Staatliche Verantwortung und Kontrolle seien daher im Bereich des Erziehungsrechts eingeschränkt.

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