Kapitalanlage in „Schrottimmobilien“ mit Nebenwirkungen

Haftung des Notars bei sogenannten „Schrottimmobilien“ – wenn der Notar ins Fadenkreuz gerät – Neues Urteil des Bundesgerichtshofs lässt auch die Notare stärker in die Pflicht nehmen

Kapitalanlage in "Schrottimmobilien" mit Nebenwirkungen

Rechtsanwältin Helena Winker, Dr. Schulte und Partner unter 030-715 206 70

Die Entwicklung scheint paradox: Wer den Lebensstandard im Alter halten möchte, sollte mehr zurücklegen und in die ideale Altersvorsorge investieren, denn die Zinsen sind niedrig: Viele investieren lieber in eine Kapitalanlage „Immobilien-Betongold“ statt in die Lebensversicherung. Doch was wenn die Immobilie zur Kategorie „Schrottimmobilie“ mutiert? Wenn Verbraucher neben ihrer Altersvorsorge auch ihre aktive Wirtschaftlichkeit stark bedroht sehen, was dann? Wer kann zur Rechenschaft gezogen werden?

Während derzeit auch die Haftung der finanzierenden Banken stärker in den Fokus gerät, werden nach einem neuen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) auch die Notare stärker in die Pflicht genommen. Zum Teil sind bereits Notare zu Schadensersatzzahlungen verurteilt worden.

Kapitalanlagen mit schweren Nebenwirkungen

Die in der Allgemeinheit als sogenannte „Schrottimmobilien“ bezeichneten Kapitalanlagen haben bereits eine Vielzahl von Erwerbern ins finanzielle Unglück gestürzt. Die versprochenen monatlichen Belastungen stimmen bei vielen nicht, auch wurden viele Immobilien, bedingt durch die im Kaufpreis beim Erwerb enthaltenen Provisionen viel zu teuer verkauft. Wenn dann die Betroffenen den wahren Sachverhalt erkennen, sind zum Teil die damaligen Vermittler, die sogenannten Immobilienvertriebe, als auch die Verkäufer nicht mehr auffindbar oder pleite gegangen. Nun stehen die betroffenen Anleger und ihre Familien alleine dar, von wem kann Hilfe erwartet werden?

Wie ist die Ausgangslage, wie wird mit den Anlegern umgegangen?

Die Eheleute P. aus Brandenburg waren guter Dinge, als sie sich im Jahre 2010 zum Kauf einer sogenannten Immobilienkapitalanlage überzeugen ließen. Zwar war der Kaufpreis mit 148.000,00 EUR für eine vollständig fremdfinanzierte Immobilie in Leipzig sehr hoch, allerdings wurde ihnen ein raketenhafter Aufstieg des Immobilienmarktes in Leipzig versprochen und auch steuerlich zu nutzende Vorteile durch eine Sanierung von altem Wohneigentum sollten die monatlichen Belastungen verringern. Die Mieteinnahmen würden ebenfalls den horrenden Kreditraten entgegenkommen.
Alles hörte sich so gut an und anhand der vom Immobilienvertrieb verwendeten Berechnungsbeispiele schien eine monatliche Belastung von nur 150,00 EUR pro Monat durchaus tragbar. Schließlich würde man eine hervorragende Altersvorsorge erwerben und auch etwas zur Verschönerung von Leipzig beitragen. Doch es kam für die Eheleute ganz anders als gerechnet.

Der daraufhin einschaltete Rechtsanwalt, konnte jedoch nur noch feststellen, dass der Verkäufer pleite gegangen war und auch die damalig vollmundig versprechenden Vermittler von der Bildfläche verschwunden waren. Das Unternehmen war ebenfalls aus dem Handelsregister gelöscht worden. Der Anwalt prüfte sogar eine mögliche Haftung gegen die finanzierende Bank, konnte allerdings wegen der komplizierten Rechtsprechung und der höheren Haftungsvoraussetzungen auf Grund der finanziellen Situation der Eheleute nicht zu einem langwierigen und teuren Gerichtsprozess gegen die namhafte Deutsche Großbank raten. Ein versuchter eigener Verkauf der Immobilie scheiterte daran, dass sich kein Käufer fand, der bereit war, auch nur annähernd den damaligen Preis der Immobilie zu bezahlen. Immobilienmakler berichteten, dass die Immobilie nur etwas mehr als die Hälfte des Kaufpreises Wert war.

Merkwürdig war aber, dass der von den Eheleuten P. unterzeichnete Kaufvertrag – wahrheitswidrig – einerseits einen Absatz enthielt, nach denen die Eheleute den Kaufvertrag mindestens 14 Tage vor der Unterzeichnung erhalten hätten und andererseits nur ein sogenanntes „Kaufvertrags-Angebot“ abgegeben worden war, welches der später pleite gegangene Bauträger nach Wochen angenommen hatte. Hintergrund war, dass es Schwierigkeiten bei der Finanzierung gegeben hatte, die die Bezeichnung eines Darlehensvertrages verzögerten. Dies könnte ein Hoffnungsschimmer für die betroffenen Anleger bedeuten. Denn ein neues Urteil des Bundesgerichtshofes sowie anderweitige Rechtsprechung hat nunmehr dafür gesorgt, dass auch der beurkundende Notar in den Fokus geraten ist.

Wann haftet der Notar?

Die Aufsplittung in ein Angebot und eine Annahme ist für das Zustandekommen eines Kaufvertrages, gerade im Immobilienbereich, höchst ungewöhnlich. Meist sitzen Käufer und Verkäufer an einem Tisch, nachdem die Einzelheiten des Vertrages gemeinsam besprochen worden sind. Meist enthalten solche Kaufvertragsangebote die Regelung, dass der Anbietende einen bestimmten Zeitraum an das Angebot gebunden ist und nicht widerrufen kann. Erst nach Ablauf einer bestimmten Frist, beispielsweise 6 Wochen, ist ein Widerruf möglich. Gleichwohl kann der Verkäufer oft auch noch nach Ablauf dieser Bindungsfrist die Annahme erklären.

Genau diese Konstellation hat nun dazu geführt, dass Notare von Gerichten in die Haftung genommen worden sind. Nach Ansicht der Gerichte handelt es sich bei diesen Regelungen um „benachteiligende Klauseln“, welche unwirksam sein können. Zum Teil waren deshalb sogar ganze Kaufverträge unwirksam mit der Folge, dass die Eigentumswohnung zurückgegeben werden konnte. Zum Teil hatten Notare sogar ständig mit Immobilienvertrieben zusammengearbeitet und kannten insoweit die benachteiligenden Klauseln. Zum Teil war den Notaren bekannt, dass die gesetzlich vorgeschriebene 14-Tage-Frist nicht eingehalten war. Wenn all dies zusammenkommt, kann der Notar auch für etwaige Schäden oder sogar die Rückabwicklung der Immobilie haftbar gemacht werden. Hierbei kommt es allerdings auf den Einzelfall an.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Kim Oliver Klevenhagen von der Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte sieht hier neue Möglichkeiten für unglückliche Erwerber von sogenannten „Schrottimmobilien“:

„Ein Ausweg aus dem Dilemma kann sich dann ergeben, wenn die Art und Weise der Vertragsgestaltung unsere Mandanten so stark benachteiligt, dass sie die Benachteiligung nicht erkennen konnten. Wenn dann auch noch herauskommt, dass der Notar von den Machenschaften der Immobilienverkäufer oder der handelnden Vermittler gewusst hat, könnte der Notar im Einzelfall haften.

Hinter dem Notar steht regelmäßig eine Haftpflichtversicherung, die im Einzelfall eintrittspflichtig wäre. Ein Notar kann also im Allgemeinen nicht Pleite gehen.“

Rechtsanwalt Klevenhagen warnt allerdings von einer verfrühten Euphorie, obwohl bereits, wie in Berlin, Notare vor Gericht stehen: „Der Bundesgerichtshof hat die Haftung der Notare an Voraussetzungen geknüpft, die im Einzelfall vorliegen müssen. Dies zu prüfen ist notwendig, bevor man sich auf den beschwerlichen Weg gegen den beurkundenden Notar begibt. Notare sind auch Juristen und in eigenen Angelegenheiten Profis. Betroffene, die alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben, sollten ggf. ihren Fall auch unter dem Aspekt einer möglichen Notarhaftung von einem im Immobilienrecht spezialisierten Fachanwalt prüfen lassen.“

Die Rechtsanwälte der Kanzlei Dr. Schulte und Partner informieren in regelmäßigen Veröffentlichungen und Seminaren über die Möglichkeiten für die Verbraucher und den Anlegerschutz: Die Legende vom „Betongold“ – Wenn die Geldanlage in einer „Schrottimmobilie“ endet -Strategien und Optimierung zur Schadensbegrenzung-.

V.i.S.d.P.:

Helena Winker

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